>> RANDNOTIZEN „POLARFORSCHUNG“
 
         
Mitternacht in Kangerlussuaq:
Marc Steinmetz und
SPIEGEL-Redakteur Gerald Traufetter
 

„Ihr fliegt mit einem Versorgungsflugzeug
aufs Eis. Dort habt ihr drei Stunden Zeit, dann
fliegt die Maschine wieder zurück. Das ist
nicht viel, aber mach was draus!“ Mit diesen
Worten schickte mich SPIEGEL-Bildredakteur
Michael König nach Grönland, um Fotos vom
internationalen Eisbohrkernprojekt NGRIP
auf dem 3 km dicken Inlandeis zu machen.
Mit Redakteur Gerald Traufetter flog ich für
insgesamt fünf Tage nach Grönland. Zu einem
der bislang spannendsten Jobs, aber auch
der schwärzesten Stunde meiner Laufbahn…
     Unsere Basis war Kangerlussuaq nahe
der Westküste. Von dort unternahmen wir
Trips zum nahen Russell-Gletscher und zur
Disko-Bucht. Und hier starteten wir mit einer
LC-130 „Hercules“ der US Air Force zu
unserem Flug zum Camp der NGRIP-Forscher.
      Das Problem dabei: die knappe Zeit. Die
„Hercules“ ist die einzige Möglichkeit, zur
Bohrung zu gelangen. Sie fliegt das Camp nur
alle 3 Wochen an und bleibt nur zum Aus- und
Einladen. Mit laufenden Motoren. Man fliegt

 

mit derselben Maschine wieder zurück, oder
man bleibt drei Wochen bis zur nächsten.
     Leider wurden aus den geplanten 3 Stunden
nur knapp anderthalb. Die Piloten waren nicht
zu längerem Aufenthalt zu bewegen.
     Verdammt knapp für gute Wissenschafts-
Fotos… Meine Bildideen: nicht realisierbar.
Dazu die Eile: null Zeit zum Überlegen! Bei
–25°C froren zudem die Batterien der Kamera-
motoren ein und liefen aus. Wurscht: meine
Nikon FM2 funktioniert auch ohne Batterien!
     Am Ende mußten sie uns buchstäblich zur
wartenden Maschine zerren. Nicht mal Zeit für
einen Moment stummen Staunens: „Wow!
Mitten in Grönland, und unter mir 3 km Eis!“
     Stattdessen schwarze Gedanken, finstere
Angst: „Oh Scheiße, das war nix! Alles total
scheiße geworden. Nicht ein brauchbares Bild
im Kasten! Der SPIEGEL schickt mich für
einen Haufen Spesen auf so einen geilen Job!
Und ich vermassele es…“
     Wider Erwarten fanden sich aber dann doch
ein paar verwertbare Fotos auf den Filmen.  ;-)